Fragen und Antworten zur Aktion am 19.10.22 (FAQ)


Wie läuft der Protest ab?
Bei unserem prostest handelt es sich nicht um einen Streik, wir schließen unsere Praxen, um uns für
unsere Patient:innen fortzubilden. Es soll ein Signal gesetzt werden, dass die aktuelle
Versorgungsqualität nicht selbstverständlich ist und durch die aktuellen Krisen ebenfalls bedroht ist.


Gefährden Sie dadurch nicht die Patientenversorgung?
Nein, das tun wir nicht. Die Patientenversorgung ist durch einen kollegialen Vertretungsdienst und
durch den Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigung gewährleistet. Alle Patient:innen die akute Hilfe
benötigen, werden versorgt. Die Kolleg:innen haben individuelle Vertretungslösungen organisiert.


Sind Sie nicht an den Hippokratischen Eid gebunden?
Ja, wir sind verpflichtet, Kranke zu versorgen. Um aber dies auch in Zukunft sichern zu können,
müssen wir der Politik die Bedrohungen der Versorgung aufzeigen.
Wir haben während der Pandemie zusätzlich die staatlichen Stellen unterstützt und Großteiles sogar
die Aufgaben komplett übernommen: Reihenabstriche, Beantwortung von Fragen zu Quarantäne,
Kontaktpersonen etc. Auch die Impfungen wurden größtenteils von uns durchgeführt.


Es gab eine Honorarerhöhung von 2%. Sind Sie damit nicht zufrieden?
2% Erhöhung bei 8% Inflation sind eine Honorarkürzung durch die Hintertür und gefährden das
finanzielle Fundament unserer Praxen und so die Versorgung unserer Patient:innen.
Die Krankenkassen fordern nun den Gesetzgeber auf, niedergelassenen Ärzt:innen für die
kommenden Jahre einen Inflationsausgleich vorzuenthalten, zudem soll nach den Vorstellungen der
Krankenkassen der Orientierungspunktwert eingefroren werden, dies würde faktisch gesetzlich
festgeschriebene Nullrunden für 2023 und 2024 bedeuten. Gleichzeitig fordern die Kassen für sich
selbst den vollen Inflationsausgleich und beschweren sich über die Deckelung von 3 % ihres
Verwaltungskostensatzes. Das ist ein Affront gegen die niedergelassenen Ärzteschaft!


Aber den Ärzten geht es doch insgesamt recht gut!
Für unsere Leistungen erfolgt die Honorierung nicht adäquat. Dabei muss man zwischen der
Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) und der Kollektivversorgung unterscheiden. Insbesondere die
kollektivvertragliche Versorgung bilden unsere Leistungen nicht richtig ab. Sprechende Medizin zum
Beispiel als ureigene hausärztliche Kernaufgabe, wird nicht adäquat vergütet.
Die Vergütung von Privatpatient:innen erfolgt nach einer Gebührenordnung, die über 25 Jahre alt ist.
Die von der Ärzteschaft schon seit sehr langer Zeit geforderte Novellierung der GOÄ wird wissentlich
von der Politik ignoriert, wenn nicht sogar verhindert – warum?
Die Bevölkerung hat ein Recht auf eine qualitativ hochwertige Versorgung im medizinischen Bereich!
Dies gilt es auch in der Zukunft zu bewahren! Die aktuellen Sparmaßnahmen machen es unattraktiv
und unsicher für junge Ärzt:innen in die ambulante Versorgung zu gehen und treibt ältere Ärzt:innen
aus der Versorgung. Dies könnte zu einer weiteren Verschärfung des Hausärztemangels führen.
Eine verbale Wertschätzung der Arbeit im niedergelassenen Bereich ist auch eine hohe Motivation für
die Ärzteschaft! Wir versorgen über 90% aller Behandlungsfälle abschließend in unseren Praxen.Die Fachärzt:innen fordern die Beibehaltung der Neupatientenregelung. Dies betrifft Hausärzt:innen
nicht so sehr, da in Baden-Württemberg die hausärztlichen Leistungen nicht budgetiert sind. Jedoch
unterstützen wir selbstverständlich unsere Facharztkolleg:innen auch in diesem Punkt, denn auch sie
sind sehr wichtig für die qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung.


Warum protestieren Sie?
Dass die hausärztlichen Leistungen in Baden-Württemberg auch in der Regelversorgung nicht
budgetiert sind, ist auch auf den Erfolg der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) zurückzuführen. Wir
sehen aber insgesamt in der aktuellen Politik den Entzug von Finanzmitteln aus der ambulanten
Versorgung. Für eine gute Versorgung unserer Patient:innen braucht es ausreichend Haus- und
Fachärzt:innen. Wir befürchten, dass durch die Streichung dieser Vergütung, sich die ambulante
Versorgungslage unserer Patient:innen verschlechtern wird.


Wie wollen Sie dies den Patienten vermitteln?
Es ist leicht zu vermitteln: Wir schließen unsere Praxen, um uns für unsere Patient:innen fortzubilden.
Am nächsten Tag sind wir wieder da. Dies wird, wenn die Politik nicht endlich aktiv wird, in Zukunft
nicht mehr so sein. Dann kann der Mangel für alle zum Dauerzustand werden. Diese Tatsache muss
der Öffentlichkeit bewusst werden.
Wir haben in den Gesprächen mit unseren Patient:innen zunehmend das Gefühl, dass sie mit uns in
einem Boot sitzen und uns und unsere Forderungen unterstützen, da sie einen Hausarzt bzw.
Hausärztin vor Ort auch in Zukunft haben wollen!


Was wollen Sie mit dem Protest erreichen?
Die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) gewährleistet eine für uns Hausärzt:innen sichere sowie
faire Vergütung und führt zu einer nachweislich besseren Versorgung unserer Patient:innen. Wir
fordern die Politik auf, die HZV langfristig sicherzustellen und alles zu tun, um das Innovationspotential
der HZV zu fördern.
Als Ausgleich für die aktuellen Preissteigerungen und stark steigenden Energiekosten fordern wir
einen vollen Inflationsausgleich. Qualität hat ihren Preis. 100% Leistung muss mit 100% Honorar
vergütet werden.
Im medizinischen Bereich sind die Honorierungen für die Honorare der Politik und Krankenkasse
gedeckelt. Starke Preissteigerungen können nicht wie in der “normalen” Wirtschaft an den
Verbraucher weitergegeben werden (Energiepreise, Tarifsteigerungen, etc. ) Dies ist ein Realverlust
für die Praxisinhaber!
Wir fordern endlich eine sinnvolle und sichere Digitalisierung mit echten Vorteilen für uns Ärzt:innen
und unsere Patient:innen. Die Politiker sollten nicht nur über Digitalisierung reden, sondern diese nun
auch effizient umsetzen!
Die Vergütung vieler Leistungen rund um die Versorgung von Covid-19-Patient:innen sind bereits
ausgelaufen oder laufen demnächst aus, ohne dass die weitere Finanzierung geklärt ist. Die
Coronapandemie ist für unsere Praxen nicht vorbei. Wir behandeln weiterhin viele zusätzliche
Infektpatient:innen. Wir fordern die Politik auf, diese Leistung zu registrieren und fair zu vergüten.
Die Bedarfsplanung muss im KV-Bereich dringend zeitnah überdacht und angepasst werden!